Projekt Beschreibung

Lage und Umgebung

Der Neubau des Mischgebäudes liegt an präsenter Stelle auf dem Gelände der ehemaligen Ziegelei in Spardorf. Das Baugrundstück grenzt in heterogener Umgebung an die benachbarten Kommunen Buckenhof und Erlangen. Das Bauvorhaben wurde auf der Grundlage des vorhabenbezogenen Bebauungsplanes „Alte Ziegelei“ umgesetzt. Südlich ist der Busbahnhof Spardorf. Im Osten hinter der Buckenhofer Straße ebenfalls auf dem Areal der ehemaligen Ziegelei wurde ein neues Zentrum mit Einkaufsmöglichkeiten und einem Ärztehaus erstellt. Direkt angrenzend im Norden und Westen befinden sich Wald, Einfamilienhäuser und Hochhäuser.

Bauherr, Nutzer und Architekten

Bauherr und langjähriger Vermieter an die Nutzer ist die Gewobau Erlangen. Die Nutzungen der beiden unteren Geschosse sind eine Förderstätte der Lebenshilfe Erlangen und eine kleine Büroeinheit. In den drei oberen Geschossen befindet sich ein Personalwohnheim für das Universitätsklinikum Erlangen. Mit den Architektenleistungen wurde das mittlerweile aufgelöste Architekturbüro KJS+ beauftragt. In der Folge der Auflösung wurde in Erlangen das Architekturbüro „sds architekten“ neu gegründet. Die sds architekten mit ihrem Team führten das Projekt weiter fort bis zur Fertigstellung.

Baukörper und Erschließung

Der Baukörper schließt das Grundstück L-Förmig zu den belebten Straßenzügen mit hohen Schallschutzanforderungen entlang der Buckenhofer Straße und des Busbahnhofes ab. Die markanten Stahlkonstruktionen über dem Innenhof schließen das Gebäude ab und bilden ein offenes Karree. Die unterschiedlichen Nutzungen des Mischgebäudes sind eigenständig erschlossen. Aufgrund der steil ansteigenden Topographie am Rande des Schwabachgrundes knüpft das Gebäude auf unterschiedlichen Ebenen an seine Umgebung an und verschafft so seinen Nutzern und Bewohnern auf drei unterschiedlichen Geschossebenen Zutritt. Der Hauptzugang des Gebäudes ist an der sudöstlichen Ecke des Grundstücks an der Straßenkreuzung der Buckenhofer Straße und der Gräfenberger Straße auf der untersten Ebene gelegen.
Der Innenhof auf Niveau des ersten Obergeschosses ermöglicht eine Hol- und Bringsituation der Förderstätte ohne Konflikte mit dem umliegenden Verkehrsfluss. Die angrenzenden Außenanlagen mit den drei erhaltenen großen Stileichen sind der ausschließlichen Nutzung der Förderstätte vorbehalten. Dieser Gebäudeteil mit den Außenanlagen muss geeignet sein, Menschen mit Weglauftendenzen davor zu schützen, die Einrichtung verlassen zu können. Die filigranen Stahlstege als zweiter baulicher Rettungsweg des Personalwohnheimes überbrücken die Außenanlagen der Förderstätte und ermöglichen die unabhängige Erschließung der Wohnungen von den Außenbereichen der Förderstätte.

Förderstätte

Die Lebenshilfe Erlangen betreut in der Förderstätte in Spardorf bis zu 44 Menschen, die noch nicht oder nicht mehr in Werkstätten für Menschen mit Behinderung arbeiten können. Bis zu 50% der Teilnehmer nutzen einen Rollstuhl oder andere Hilfsmittel zur Fortbewegung. Für diese Menschen mit hohem Unterstützungsbedarf und einer mittleren bis starken geistigen Behinderung werden hier individuelle Lösungen erarbeitet, um Teilhabe am Leben und Arbeiten in der Gemeinschaft zu ermöglichen. Bewusst wurde entgegen herkömmlicher Ansätze auf der grünen Wiese bei der Planung dieser Förderstätte ein integrativer Ansatz und die Situierung inmitten der Gesellschaft in Spardorf gesucht. Die bauliche Umsetzung dieses Gebäudeteils stellt sehr hohe Anforderungen im Hinblick auf Brandschutz, Technische Einbauten, Hygiene und die Gewährleistung der täglichen Abläufe. Es galt für die Architekten, in zahlreichen Gesprächen und Abstimmungen Lösungen zu entwickeln, welche in Teilen nicht über die üblichen Regeln und Normen des Bauens herzuleiten sind.

Personalwohnheim

In den drei oberen Geschossen des Gebäudes sind in einer sehr kleinteiligen Struktur 77 Zimmer zur Unterbringung von Pflegepersonal der Universitätskliniken Erlangen erstellt. Größtenteils als eigenständige Kleinappartements mit Bad, in Teilen auch Wohnungen mit zwei Zimmern. Mittig der Flure wurden zweigeschossige Gemeinschaftsbereiche angeordnet. Diese dienen als Treffpunkte der Bewohner, Akzentuieren die Fassade und versorgen alle Mittelflure mit natürlichem Tageslicht.

Wärmeversorgung

Die Grundlastabdeckung der Wärmeerzeugung für das Gebäude erfolgt mit einem gasbetriebenen BHKW. Der nicht direkt verbrauchte Strom wird in das öffentliche Stromnetz eingespeist. Zur Spitzenlastabdeckung an sehr kalten Wintertagen ist eine zusätzliche Gasbrennwerttherme vorgesehen, um eine optimale Auslegung des BHKW zu erreichen.

Wirtschaftlichkeit

Der sehr kompakte Baukörper mit großer Gebäudetiefe erzielt eine hohe Wirtschaftlichkeit. Die Anordnung der unterschiedlichen Nutzungen und Anforderungen übereinander und miteinander in einem Gebäude hingegen ist anspruchsvoll und aufwändig. Die Realisierung erfolgte ohne Kostensteigerungen zu den 2018 veranschlagten Baukosten.

Erscheinung

Die Fassaden sind als Lochfassaden mit Mineralwolledämmung und einem rein mineralischen, durchgefärbten Edelkratzputz mit Glimmeranteil erstellt. Der Farbton aus dem Ziegelspektrum erinnert an die ursprüngliche Nutzung des Areals. Der Putz mit einer Schichtdicke von ca. 1,5 cm kann durch seine hydrophilen Eigenschaften Feuchtigkeit aufnehmen und wieder abgeben und altert ohne weitere Anstriche auf natürlichem Weg ohne Algenbildung. Die Einschnitte und Rücksprünge in der Außenhaut sind gänzlich in Weiß gehalten. Dies gilt auch für die Fenster und den außenliegenden Sonnenschutz. Die Dächer wurden mit einer extensiven Begrünung versehen.

Ausblick

In Spardorf ist mit dem Mischgebäude auf einer Industriebrache in vielschichtiger Umgebung ein lebendiger und in jeglicher Hinsicht zukunftsweisender Stadtbaustein entstanden.